Die Schweiz ist weder in der EU noch in der NATO. Trotzdem gibt es bei Verteidigungsaufträgen mit öffentlichen Auftraggebern aus der Schweiz (z. B. dem Bundesamt für Rüstung armasuisse) am häufigsten eine grenzüberschreitende Preisprüfung. Sie als deutscher Auftragnehmer eines solchen Auftrages können es dann mit einem Preisprüfer vom Eidgenössischen Departement für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS) oder theoretisch auch der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) zu tun haben.
Die relevanten Vorschriften für dieses Einsichtsrecht und die entsprechenden Preisprüfungen weisen im Prinzip eine starke Ähnlichkeit zu der Situation in Deutschland auf. Nennenswerte Unterschiede sind eigentlich nur beim kalkulatorischen Gewinn, den Entwicklungskosten und der Gewerbesteuer zu verzeichnen.
Allgemeine Grundlage für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen ist in der Schweiz die Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VoeB). In Artikel 5 ist geregelt, dass bei fehlendem Wettbewerb ein Einsichtsrecht und damit eine Preisprüfung vereinbart werden kann, sofern der Auftragswert mindestens 1 Mio. Franken beträgt.
Im Gegensatz zu Deutschland handelt es sich bei dem Einsichtsrecht in der Schweiz nicht um ein hoheitliches Preisprüfungsrecht, das allgemeinrechtlich für alle Geschäfte der öffentlichen Hand bei fehlendem Wettbewerb gilt, sondern es benötigt in jedem Fall eine klare vertragliche Vereinbarung.
Werden Preisprüfungen durchgeführt, können die Schweizer Behörden auch Kontakt mit den deutschen Preisüberwachungsbehörden aufnehmen und sich dort die Informationen beschaffen oder eine Zusammenarbeit klären. Diese Zusammenarbeit kann auch so aussehen, dass die deutschen Preisüberwachungsbehörden im Wege der Amtshilfe beim deutschen Auftragnehmer prüfen. Prüfen die Schweizer Behörden selbst, sollten sie vorhandene Vorprüfungen von deutschen Preisüberwachungsbehörden (z. B. Grundsatzprüfungen) anerkennen und berücksichtigen. Dies wird auch im Leitfaden für Preisprüfungen empfohlen, der von der EFK in Zusammenarbeit mit der internen Revision des VBS erstellt wurde.
Die Preisprüfung durch die Schweizer Behörden unterscheidet sich kaum von der aus Deutschland bekannten. Sobald der Auftragnehmer eine eventuelle Kürzung akzeptiert, stellt das sog. Beschlussprotokoll „ein verbindliches Angebot des Auftragnehmers dar, die im Protokoll aufgeführten Maßnahmen mit dem Auftraggeber umzusetzen”.
Für den Fall, dass der Auftragnehmer die Kürzung nicht akzeptiert, wird das Protokoll dem Auftraggeber zugeleitet, der den Sachverhalt beurteilt und nach Rücksprache mit den Preisprüfern über das weitere Vorgehen entscheidet. Mögliche Lösungsansätze sind dann:
Ganz aktuell: Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 12. Februar 2020 eine Neufassung der Verordnung über das öffentliche Beschaffungswesen (VöB) beschlossen, die am 1. Januar 2021 in Kraft treten wird. Erste Stimmen sprechen davon, dass dem Einsichtsrecht im Beschaffungsrecht damit die Zähne gezogen wurden, da es in Zukunft von einer Zustimmung des Auftragnehmers abhängig gemacht wird.
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